Begrüßung zur Gedenkveranstaltung zur Ehrung von Tom Stafford am 30. April 2022 im Bürgerhaus "Grüner Baum" Carlsfeld
Sehr geehrter Genralkonsul Mister Ken Toko,
Sehr geehrter Verteidigungsattaché Colonel Walter Richter,
Sehr geehrter 1. Beigeordneter des Landrates Andreas Stark,
Sehr geehrte Damen und Herren Mandatsträger des Landes,
Sehr geehrte Stadt- und Ortschaftsräte,
Sehr geehrte Damen und Herren Gäste,
Mut ist eine Tugend der Menschen, die im Verlaufe der Geschichte immer wieder dazu geführt hat, dass Gutes entstanden ist und Leid verhindert wurde. Mutige Menschen gehen meistens kalkulierte Waghalsigkeiten ein, die von der Hoffnung genährt sind, etwas Gutes für die Menschen zu bewirken. Einen solchen Menschen ehren wir mit der heutigen Gedenkveranstaltung hier in Carlsfeld. Thomas Stafford bewies als Zugführer des 2. Zuges der L-Kompanie des 347. US-Infanterie-Regimentes am 6. Mai 1945 jenen Mut, der in den letzten Kriegstagen des Zweiten Weltkrieges Tausenden Soldatinnen und Soldaten auf beiden Seiten der Front den Tod oder das Leid schwerer Verletzungen und Familien unendliche Trauer ersparte. Hier an dieser Stelle wurde am 6. Mai 1945 eine Kapitulationserklärung für alle im Raum zwischen Carlsfeld und Karlsbad eingeschlossenen deutschen Verbände unterzeichnet. Diese hatten eigentlich den Befehl, bis zum letzten Blutstropfen zu kämpfen. Tom Stafford und sein Fahrer fuhren mit einem gefangen genommen deutschen Oberst zum Hauptquartier hinter die deutschen Linien nach Carlsfeld. Er erreichte die vorzeitige Kapitulation unter Zusicherung der amerikanischen Kriegsgefangenschaft. Einen Tag später, am 7. Mai 1945, gingen über 45.000 Soldatinnen und Soldaten in amerikanische Kriegsgefangenschaft.
Das Besondere an dieser Tat war, dass Thomas Stafford nicht nur Mut bewies, sondern auch eigenen Hass oder auch Vorbehalte gegenüber dem deutschen Feind zurückstellte und das Beste für beide Seiten suchte.
Dies ist eine Eigenschaft, die man sich immer wieder in Konfliktsituationen von Entscheidungsträgern wünscht. Der Krieg ist immer die schlechteste Alternative von politischem Handeln. Dies hat sich in der Geschichte der Menschheit immer wieder bewahrheitet und doch nutzen Menschen, vor allem Führungspersonen, dieses Mittel immer wieder, um ihre Machtinteressen durchzusetzen.
Aktuell erleben wir dies auch gegenwärtig in der Ostukraine, wo die Menschen mitten aus einem friedlichen Leben herausgerissen wurden durch den barbarischen russischen Angriff. Die Bilder von dem Erdboden gleichgemachten großen und kleinen Städten sind kaum zu ertragen. Und dennoch wird mit unverminderter Härte das politische Ziel der Einverleibung der Ukraine und der Ausdehnung des Machtgebietes Russlands nach Westen verfolgt. Unglaublich ist das Lügenverbreiten einer Nation an ihre Bürger, die als Weltmacht ernst genommen werden will.
Aufgrund dieser nicht weit von uns entfernten Kriegshandlungen haben wir uns entschieden, auf jegliche militärische Symbolik bei der heutigen Kranzniederlegung zu verzichten. Es soll keineswegs einer Missachtung militärischer Ehren sein, aber es soll ein Zeichen setzen dafür, dass die beste vorstellbare Welt diejenige ist, in der überhaupt keine Armeen gebraucht werden. Das friedliche Miteinander von Völkern ist eines der höchsten Ziele, die sich die Menschheit stellen sollte. Wir wollen mit der Ehrung dieser mutigen Tat auf dieses Ziel aufmerksam machen.
Am 18. April 2010 wurde hier am neuen Anbau des Bürgerhauses „Grünen Baum“ in Carlsfeld eine Gedenktafel zu Ehren von Thomas Stafford und seine mutige Tat angebracht. Bis dato wusste ich persönlich nichts von den Ereignissen in den letzten Kriegstagen des Zweiten Weltkrieges.
Heute sind zwei Carlsfelder Bürger unter uns, die dieses Ereignis damals als Kinder miterlebt haben. Viele Carlsfelder selbst hatten bis zur Enthüllung der Gedenktafel ebenfalls keine oder nur wenige Kenntnisse über das Geschehen. Ich muss gestehen, dass es auch für mich ein bewegender Moment war, als bei der Enthüllung der Tafel Tom Stafford die Tränen aus den Augen schossen. Für ihn war es 2010 wohl eine nachträgliche Würdigung seiner Tat, wie es sie möglicherweise vielfach in den damaligen Frontgebieten in Deutschland gegeben hat. Mit dieser Gedenktafel wollen wir daran erinnern, dass hier in unserer Gegend keine Kampfhandlungen mehr stattgefunden haben. Wir sehen in den Amerikanern heute Freunde, die ein wichtiger Garant auch für die Sicherheit und den Frieden in Europa darstellen. Wir wollen deshalb das Gedenken an die Geschehnisse im Zweiten Weltkrieg aufrechterhalten, um allen Menschen das Bewusstsein und Friedensbedürfnis zu vermitteln, das für die Entwicklung der Menschheit so wichtig ist.
Ich möchte mich an dieser Stelle sehr herzlich bei Ihnen allen bedanken, dass Sie hier und heute nach Carlsfeld gekommen sind und an diesem Gedenken teilnehmen. Ein besonderer Dank gilt allen, die diese Feierstunde ausgestaltet haben. So danke ich Herrn Pfarrer Giese und Peter Oelsner für die Andacht in der Trinitatiskirche. Gerhard Baselt, Martina Zapf, Rita Misof, Frank Heydel und Christoph Beetz für die organisatorischen Vorbereitungen. Ebenfalls gedankt sei dem Bandonionverein Carlsfeld e.V. für die musikalische Ausgestaltung der Feierstunde, der Bergbrüderschaft Sosa e.V., den Vertretern der Ortsfeuerwehr Eibenstock sowie dem Bauhof der Stadtverwaltung für die Ausstattung des Raumes.
Wir hoffen und wünschen, dass in Europa nie wieder ein Krieg stattfindet und dass auch der Krieg in der Ukraine möglichst bald beendet wird. Es bedarf vieler besonnener Diplomatie, um dieses Ziel zu erreichen. Möge Gott den politisch Verantwortlichen und uns dazu beistehen. Möge dieser Tag heute einen Beitrag dazu leisten.
Uwe Staab
Bürgermeister