22. August 2024 Rede zur Grundsteinlegung für das Hirschkopfhaus Carlsfeld

Rede zur Grundsteinlegung für das Hirschkopfhaus Carlsfeld am 22. August 2024

Sehr geehrter Herr Staatsminister Vorjohann,
Sehr geehrter Landrat,
Sehr geehrter Landtagsabgeordneter,
Sehr geehrter Ortsvorsteher,
Sehr geehrte Damen und Herren Gäste,


als wir das Thema „Grundsteinlegung für das Hirschkopfhaus“ auf die Tagesordnung gesetzt hatten, wurde mir erst einmal richtig bewusst, dass wir die letzte Grundsteinlegung als Stadt vor fast 30 Jahren hatten. Es war damals die Grundsteinlegung für die Badegärten Eibenstock. Dies zeigt, dass wir in den meisten Fällen unserer Investitionen die Entwicklung der Gebäudestrukturen fast ausschließlich nur durch Sanierungen oder Anbauten vorgenommen haben. Insofern ist dies heute ein auch in dieser Hinsicht sehr erfreulicher Tag, nicht nur für Carlsfeld, sondern für unsere ganze Stadt Eibenstock. Ich möchte Sie deshalb sehr herzlich hier auf dem Hirschkopf in Carlsfeld am Erzgebirgskamm begrüßen. Ich freue mich sehr, dass Sie unserer Einladung gefolgt sind und heiße Sie im Namen der Stadt Eibenstock sehr herzlich willkommen. 

Unser Erzgebirge blickt mit Stolz auf eine jahrhundertelange Tradition des Bergbaus und der Industriegeschichte zurück. Bis in die höchsten Lagen unseres Mittelgebirges gab es eine reichhaltige Industrieinfrastruktur. Wenn man heute einen Blick auf Carlsfeld von hier aus hinabgleiten lässt, mag man sich kaum vorstellen, dass auch der über 800 m hoch gelegene Ort Carlsfeld noch vor 30 Jahren voller Industriebauten war und ein vielfältiges Angebot an Arbeitsplätzen vorhielt. Ich denke da z. B. an die Glasindustrie, an den Metallbau und natürlich nicht zu vergessen auch an die Bandonion-Industrie. Als ich 1997 aufgrund unseres Gemeindezusammenschlusses auch die Verantwortung für Carlsfeld übertragen bekam, sah ich mich vielen alten Industriegebäuden gegenüber. Die meisten davon standen leer. Das alte Glaswerk war zwar abgerissen, aber wir konnten erst vor wenigen Jahren die Spuren dieses Industriekomplexes mit all seinen Altlasten in der Ortsmitte beseitigen. Nicht zuletzt hatte auch Carlsfeld einen Eisenbahnanschluss, der regelmäßig Industriegüter in den Ort brachte bzw. forttransportierte. Von all dieser Industrie ist nach 1990 vieles weggebrochen und heute existiert nur noch ein Bruchteil davon. 

Angesichts des Verlustes von Hunderten von Arbeitsplätzen hat der Ort natürlich auch einen erheblichen Aderlass an Einwohnern hinnehmen müssen. Die Bevölkerungsbilanz für Carlsfeld fällt innerhalb unsers Gesamtortes, der auch schon zu den Schlusslichtern in Sachsen zählt, am negativsten auf. Zählt man noch die weggebrochenen Arbeitsplätze im Bergbau zur Wismut-Zeit hinzu, dann braucht man nicht groß weiter zu argumentieren, um festzustellen, dass wir in Sachsen und in Deutschland mit zu den am meisten vom Strukturwandel betroffenen Regionen gehören. Schade, dass sich 1990 die Öffentlichkeit nicht so bewusst war, wie es heute beispielsweise mit dem Aufschrei in der Lausitz bzw. in den Braunkohlerevieren geschah. Soweit ich weiß, brummt der Raum Leipzig, und in der Lausitz hilft man nun mit zusätzlichen Förderungen. Als bei uns 20.000 Bergbauarbeitsplätze mit einem Schlag wegfielen, gab es keine Sonderkonditionen. Wir haben im Rahmen aller normalen angebotenen Förderprogramme unseren Strukturwandel meistern müssen.

Was macht man nun in einer Region, die weit weg von Autobahnen ist, die keine Eisenbahnanbindung mehr hat, die topografisch äußerst kompliziert ist, weil man ja nicht überall ein Baugebiet entwickeln kann, und die nahezu vollständig von verschiedensten Schutzgebieten überzogen ist? Ich meine, darin eine große Herausforderung zu sehen, der wir uns stellen mussten und müssen, ob wir es wollen oder nicht.

Das große Kapital, was wir haben, ist unsere Landschaft, unsere Geschichte und natürlich auch unsere Traditionen. Wir haben versucht, aus diesem Kapital unseren Orten ein neues Gesicht und eine neue Perspektive zu geben. Eines unserer Kernziele nach dem Zusammenbruch der Wirtschaft 1990 in unserer Region war, den Tourismus als eine Säule der Wertschöpfung und der Existenzgrundlage unserer Menschen hier zu schaffen. 

Dazu haben wir vom Freistaat Sachsen und auch von der Bundesrepublik mit vielen Förderprogrammen auch eine große Unterstützung bekommen. Es konnte uns gelingen, Infrastruktur und Ortsbild so umzugestalten, dass wir die Chance haben, eine touristisch attraktive Gegend zu werden. 

Im Rückblick kann man sagen, dass dies recht gut gelungen ist. Allerdings muss man auch feststellen, dass unsere Region noch lange nicht so vom Tourismus leben kann, dass er mit dazu beiträgt, den demografischen Wandel aufzuhalten. Dies aber muss unser Ziel bleiben. Und deshalb müssen wir weiter konsequent daran arbeiten, für Gäste aus ganz Deutschland und vielleicht auch eines Tages für internationale Gäste interessant und besuchenswert zu sein.

Wenn wir die Tourismustrends der letzten Jahre anschauen, so kann man klar feststellen, dass nur eine moderne Infrastruktur die Chance für eine konkurrenzfähige Tourismuswirtschaft bietet. Mit alt hergebrachten Konzepten kann man jüngere Generationen nicht mehr in ein Mittelgebirge locken. Zudem kommt noch hinzu, dass unsere Hauptquellgebiete der Gäste in den Räumen Dresden, Leipzig, Halle bis nach Berlin lagen. Viele dieser Gäste werden aber gerade im Sommer durch die immer mächtiger werdenden Seenlandschaften in Leipzig und in der Lausitz abgefangen. Dieser Trend ist besonders in diesem Jahr deutlich zu spüren. Insofern bleibt uns nichts anderes übrig, als auf unsere eigene Art eine Konkurrenzfähigkeit mit den bei uns vorhandenen naturräumlichen Ressourcen herzustellen.

In diesen Kontext reiht sich auch das Projekt „Aktivzentrum Carlsfeld“ hier am Hirschkopf ein. Aktiv sein in freier Natur ist zweifellos einer der großen Trends, den mittlerweile auch viele junge Leute aufnehmen. Dazu müssen wir die entsprechenden Angebote schaffen und mit dem „Hirschkopfhaus“ hier schaffen wir eine wesentliche Voraussetzung dafür, solche Angebote zu entwickeln. 

Um ein solches Projekt vorzubereiten, braucht es eine sehr lange Zeit. Es begann damit, dass wir vom Staatsbetrieb Sachsenforst hier auf diesem Plateau 20 ha Wald gekauft haben. Als Stadt besitzen wir kaum Grundstücke, um sie gerade für touristische Aktivitäten einsetzen zu können. Im Anschluss daran musste eine entsprechende Planung erarbeitet werden. Dazu haben wir das damalige Planungsbüro Unger & Partner (heute Panzert + Partner) beauftragt, eine Planung für ein nordisches Aktivzentrum hier zu erstellen. Parallel dazu wurde im Jahr 2016 ein touristisches Entwicklungskonzept für den Ortsteil Carlsfeld durch die Firma KEM erstellt. Bereits 2017 wurde letzteres fertiggestellt und von der Bevölkerung in Carlsfeld begeistert aufgenommen. 

Viele Teilmaßnahmen dieses damaligen Konzeptes sind bereits realisiert worden. Dazu gehört u. a. der neu gestaltete Dorfplatz in der Ortsmitte, die Sanierung des Geländes des alten Glaswerkes und verschiedene kleinere Infrastrukturmaßnahmen. Auch das Aktivzentrum Carlsfeld war eine der 13 Maßnahmen für die Neuausrichtung des Tourismus in Carlsfeld.

Dank des Förderprogramms „GRW-Infra“ konnten wir die Finanzierung für den 1. BA des Aktivzentrums hier an dieser Stelle für die Förderung bewilligt bekommen. Es war ein langer Weg, alle Genehmigungen und letztendlich auch einen allumfassenden landschaftspflegerischen Begleitplan hinzubekommen. Ich bedanke mich bei allen Behörden, die mit daran gewirkt haben, dies so hinzubekommen. Auch bedanke ich mich beim Freistaat Sachsen und natürlich bei der Landesdirektion Chemnitz sowie beim Einplanungsausschuss zur „GRW-Infra“ für die Bewilligung dieses 1. BA. Angesichts der vielen Bedarfe im Freistaat bei der Bereitstellung von Gewerbeflächen, hat die touristische Infrastruktur sicher nicht Priorität. Für uns als Region aber ist es sehr wichtig, auch aus diesem Programm schöpfen zu dürfen.

Der 1. BA umfasst neben der Errichtung dieses Hirschkopfhauses auch die Errichtung der Erschließungsstraße. Diese beiden Projekte ermöglichen dann im Nachgang die weitere Erschließung dieses Areals, das letztendlich dann ein Freizeitangebot für Aktivität und Bewegung ermöglichen soll. Den 2. BA zur Anlage des Wegesystems werden wir in Kürze beantragen. Natürlich hoffen wir, dass wir auch hierfür die notwendigen Fördermittel bekommen können.

Insgesamt werden wir für dieses Projekt mit der Zufahrtsstraße 3.249.020 EUR investieren. Dafür erhalten wir eine Förderung in Höhe von 2.509.810 EUR. Da wir heute den Herr über das Geld im Freistaat Sachsen hier zu Gast haben, möchte ich diesen Dank gerade an Sie und natürlich auch an das Wirtschaftsministerium richten, die uns hier großartig unterstützten.

Wir hoffen, dieses Gebäude nun in den nächsten Monaten bis Ende nächsten Jahres fertigstellen zu können. Es soll für den Ort Symbol eines touristischen Aufbruchs sein, der dazu führt, auch noch mehr Übernachtungen zu generieren und auch private Investitionen anzukurbeln. Wenn uns dies gelingt, dann hat die öffentliche Investition als Initialzündung gut funktioniert. In diesem Sinne wünsche ich dem Ort Carlsfeld und seinen Menschen natürlich auch den Optimismus und das Engagement, aus diesem Projekt dann auch einen Leuchtturm für den Tourismus in Carlsfeld und in unserem gesamten Ort zu machen.


Ihnen allen ein herzliches „Glück auf!“

Uwe Staab
Bürgermeister