12. November 2022 Rede zur Veranstaltung zur Ehrung öffentlichen Engagements in Eibenstock

Rede zur Veranstaltung zur Ehrung öffentlichen Engagements in der Stadt Eibenstock am 12. November 2022

Sehr geehrter Wahlkreisabgeordneter des Sächsischen Landtages,
Sehr geehrter Landrat a. D., 
Sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
Sehr geehrte Damen und Herren Gäste,

„Erzgebirge … Hammer“, einfacher kann die Botschaft nicht sein. Dieser kleine Film, den wir jetzt gerade gesehen haben, geht seit wenigen Wochen bei YouTube durch die Decke. Jeder, der aus dem Erzgebirge stammt und stolz auf seine Heimat ist, hat am Schluss dieses Filmes vielleicht auch ein paar feuchte Augen. Ich habe diesen kleinen Film ganz bewusst vorangestellt, weil die Botschaft dieses Filmes ganz eng mit der heutigen Feierstunde hier im Kulturzentrum „Glück auf!“ in Eibenstock zu tun hat. 

Ich möchte Sie sehr herzlich zu unserer diesjährigen Veranstaltung zur Ehrung des öffentlichen Engagements in der Stadt Eibenstock begrüßen und freue mich, dass Sie so zahlreich unserer Einladung gefolgt sind. Auch möchte ich mich gleich zu Beginn beim Bandonionverein Carlsfeld bedanken, der nun schon traditionell diese Veranstaltung in der gewohnt tollen Weise begonnen hat und heute weiter musikalisch umrahmen wird. 

Die Veranstaltungen zur Ehrung in der Stadt Eibenstock sind nun schon eine kleine Tradition, die hoffentlich noch sehr lange andauern wird. Es ist eine sehr gute Sache, dass wir nach vielen Jahren des Suchens nun zu einem Format in der Ehrungskultur gefunden haben, das in würdiger Form verdienstvolle Bürger, Vereine und Gruppen sowie Unternehmen der Stadt auszeichnet. Die im Jahr 2017 vom Stadtrat erlassene Satzung zur Ehrung und Auszeichnung in der Stadt Eibenstock hat sich jetzt schon bewährt. Nachdem wir im vergangenen Jahr die beiden Corona-Jahre quasi nachgeholt haben, kommen wir dieses Jahr erstmals wieder zu einer ganz normalen regulären Ehrungsveranstaltung, wie sie im Sinne der Satzung auch gedacht war. 

Auch in diesem Jahr begehen wir diese Feierstunde wieder vor dem Hintergrund einer besonderen Situation. „Leider“ -  muss man sagen, Dieses Mal ist es nicht eine Krankheit, sondern noch schlimmer, ein Krieg. Einer, der zwar nicht bei uns stattfindet aber einer, der das Leben unserer Menschen auf gravierende Weise verändert hat bzw. verändern wird. Die Auswirkungen von Krieg, Wirtschaftssanktionen und Zuwanderungen, nicht nur aus der Ukraine, werden letztendlich auf der untersten Ebene unserer staatlichen Struktur, der kommunalen Ebene, zu meistern sein. In den Städten und Gemeinden sowie in den Landkreisen findet das Leben der Menschen statt. Hier wohnen sie, hier arbeiten sie und hier verbringen sie auch einen Großteil ihrer Lebenszeit. 

Das Leben in den Gemeinden wird von ihren Bürgern gestaltet und gestützt. Diese Funktion hatten menschliche Siedlungen schon von Anbeginn der Menschheit. Nur das, was die Bürgerschaft leistet, wird auch in der Gemeinde stattfinden. Dies ist eigentlich eine ziemlich einfache Formel, die aber doch im Alltag im Verlauf der Zeiten große Wandlungen erfahren hat. Eines ist aber immer gleich geblieben. Ohne das Engagement des Einzelnen ist ein zufriedenes Leben in einem Gemeinwesen kaum vorstellbar. Und dazu braucht es Menschen, die ihre Talente einbringen, etwas unternehmen und gestalten. Die heutige Veranstaltung dient wieder dazu, besondere Aktivitäten und besonderes Engagement in den verschiedensten Bereichen zu würdigen.

Wir leben heute in einer Zeit, in der sich die Gesellschaft mit atemberaubender Geschwindigkeit verändert. Eine scheinbar festgefügte Weltordnung ist grundlegend ins Wanken geraten. Im Inneren unseres Landes vollziehen sich politische Veränderungen, die mancherorts auch als Erdrutsche zu bezeichnen sind. Wir erleben Unzufriedenheit, Anspruchsdenken, Werteverfall und eine erschreckende Akzeptanz der Erosion unserer gesellschaftlichen Strukturen. Ich hatte vor längerer Zeit von einem mittlerweile verstorbenen älteren Amtskollegen einen Vortrag gehört, der sich mit dem Staatsbeamtentum beschäftigt hat. Offensichtlich ist es nicht erst in der heutigen Zeit so, dass das Beamtenwesen und die Gesetzesstrukturen einer Gesellschaft in den Fokus von Kritik und Gespött der Menschen gerieten. Aus den vielen interessanten Aspekten ist eines bewusst bei mir hängen geblieben. Ob das alte Rom oder auch das alte China, als sie angefangen haben, ordnende staatliche Strukturen aufzulösen und auch ihr Staatsbeamtentum abzuschaffen, begann die Erosion der Gesellschaft, die am Ende dazu führte, dass diese Weltreiche von der Landkarte gestrichen worden sind. Das, was sich gegenwärtig in unserer Gesellschaft vollzieht, erinnert mich mit zunehmender Angst an diese Prozesse. 

Auch in meiner täglichen Praxis und in den vielen Gesprächen mit den Menschen erlebe ich oft, dass man Kommune, Landkreis und Staat als etwas feindlich Gesinntes bzw. Gegenüberstehendes wahrnimmt. Es ist kaum noch einem Menschen bewusst, dass unser Wohlstand und das Funktionieren unseres Miteinanders nur dadurch möglich wurden, dass wir in einem geordneten Gesetzesrahmen mit funktionierenden staatlichen Strukturen leben. Mit recht frei interpretierten Demokratievorstellungen wird schnell alles infrage gestellt, was Gesellschaft stark macht. Den wenigsten ist heute noch bewusst, dass Demokratie zum einen und richtiger Weise ein Ringen um die besten Argumente ist. Zum anderen aber die Akzeptanz einer mehrheitlich getroffenen Entscheidung einfordert. Wer einzigartige Kunstgegenstände mit Farbtöpfen bewirft oder sich auf die Straße klebt, erweist sich als kein guter Demokrat.

Neben den allgemeinen gesellschaftspolitischen Entwicklungen macht mir noch ein anderer Aspekt große Sorge. Es ist der zunehmende Hass und die Hetze, die über die sozialen Medien verbreitet wird. Ich kenne aus den vielen Gesprächen heraus viele Menschen, die sich deshalb nicht mehr in der Öffentlichkeit engagieren, weil sie Angst davor haben, im Netz beleidigt und verleumdet zu werden. Es ist in der Tat so, dass die, die etwas tun und sich engagieren, oft schutzlos dem anonymen Treiben im Netz ausgesetzt sind. Auf dieser Ebene vollzieht sich meines Erachtens nach der größte Werteverfall in unserer Gesellschaft. Die Sprache wird rauer, der Respekt weniger und die Hemmschwelle niedriger. Dieser Trend muss gestoppt werden, weil er die wahre Ursache dafür ist, warum unsere Gesellschaft immer mehr gespalten wird. 

Deshalb freue ich mich, dass wir heute hier zusammensitzen, um das Positive zu würdigen, was es ja auch nicht wenig in unserer und in anderen Gemeinden gibt. Es werden zum Glück wieder mehr Menschen, die aus dieser Spirale herauswollen, die das Gemeinsame schätzen und die sich für ihren Ort engagieren. Der Individualismus kommt hoffentlich wieder aus der Mode.

Wenn Menschen sich in ihren Gemeinden wohlfühlen, sich in ihrer Gemeinde einbringen und auch Stolz auf ihren Ort entwickeln, dann haben sie auch keinen Grund zur Unzufriedenheit oder gar für radikale Ansichten. Es ist deshalb immer wieder neu unser großes Grundanliegen, Menschen für die Arbeit in unserer Gemeinde zu interessieren und zu gewinnen. Vor allem junge Leute sind gefragt, um den Staffelstab für die Vorstandsarbeit in Vereinen, für die Arbeit in der Kommunalpolitik oder auch im sozialen Engagement zu übernehmen. 

Und deshalb ist es auch wichtig, dass wir all jenen, die sich auf besondere Weise verdient gemacht haben, auch zwischendurch einmal Danke sagen und ihre Arbeit würdigen. Der heutige Nachmittag soll eine solche Zeit des Innehaltens und des Dankens sein. Natürlich ist es bei Ehrungen nicht immer einfach, eine Auswahl zu treffen. Jede Initiative in unserem Ort hat es verdient, gewürdigt zu werden. Die Ehrungen der Stadt erfolgen deshalb ja auch in jedem Jahr, um regelmäßig immer wieder neue Initiativen zu würdigen. Auch die heutige Ehrung stellt deshalb eine Wertschätzung dar, die die Öffentlichkeit unserer Stadt den Geehrten entgegenbringen will. Wir danken damit aber nicht nur Ihnen, sondern allen in unserem Ort, die sich für die Gemeinschaft einbringen. Wir danken Ihnen allen für Ihre Ideenvielfalt, für Ihre Zuverlässigkeit, für das Mittragen der Schwächeren und für die Aufrechterhaltung unserer Traditionen. 

Für die Gestaltung des heutigen Abends möchte ich mich bei den Mitarbeitern des Kulturzentrums „Glück auf!“, den Mitarbeitern der Stadtverwaltung Eibenstock, beim Bandonionverein Carlsfeld sowie bei den Firmen Werbung & Design Gläser und beim Partyservice Roßner sehr herzlich bedanken. 

Ich wünsche Ihnen einen ebenso schönen wie interessanten Abend und entbiete Ihnen ein herzliches „Glück auf!“

Uwe Staab
Bürgermeister