AB 07/2019 - Haushalt 2019/2020 verabschiedet (Teil 1)

Winter bringt uns an Grenzen

Der Jahresbeginn 2019 stand im Zeichen eines extremen Wintereinbruchs, der uns in vielerlei Hinsicht die Grenzen des Machbaren aufgezeigt hat, auch wenn die Lage im oberen Erzgebirge nach wie vor nicht vergleichbar ist mit der in den Regionen des Nordrandes der Alpen. Wie in jedem Jahr beginnen mit einem starken Anfall an Schnee die Diskussionen darüber, wie schlecht der Zustand in den Ortschaften unseres Gemeindeterritoriums ist. Ganz gleich, wie berechtigt oder unberechtigt dabei die Vorwürfe gegen die Stadtverwaltung in Bezug auf die Durchführung der Schneeberäumung sind, sollte man sachlich bleiben und die Situation real einschätzen. Gestatten Sie mir deshalb voranzustellen, welche Aufgaben wir als Gemeinde beim Winterdienst zu erledigen haben und welche Voraussetzungen dazu bestehen. Das gesamte kommunale Straßennetz beträgt 65 km Gemeindestraßen. Zusätzlich sind wir auch innerhalb der Ortslagen für die Staatsstraßen zuständig. Parallel dazu haben wir für eine große Anzahl von Exklaven die Straßen freizuhalten. Dazu gehören u. a. der Auersberg, verschiedenen touristische Einrichtungen und auch entlegene Gehöfte. Ebenso ist es in den Wintermonaten erforderlich, dass innerstädtische Parkplätze sowie auch die touristischen Parkplätze an den Skiloipen und den Besichtigungsschwerpunkten freizuhalten sind. Für alle öffentlichen Einrichtungen, wie Schulen, Bushaltestellen, Kindereinrichtungen oder auch Feuerwehrgebäuden, haben wir eine zeitnahe Schneeräumpflicht, um die Sicherheit und die Einsatzbereitschaft zu gewährleisten. Dazu gehören auch die entsprechenden Zuwegungen, die vom öffentlichen Personennahverkehr befahren werden müssen. Darüber hinaus gibt es noch eine Vielzahl kleinerer Aufgaben, die man im Einzelnen gar nicht alle aufzählen kann. Um dies zu realisieren, stehen 18 Mitarbeiter zur Verfügung. Im Gegensatz zu den 90er-Jahren und der 1. Dekade bis 2010, wo wir noch über eine größere Anzahl von ABM-Kräften verfügen konnten, müssen diese Mitarbeiter alle Aufgaben in unseren 9 Ortsteilen, einschließlich des Auersberges, erledigen. Dazu stehen 3 große Unimog, 2 große Traktoren, 2 kleine Traktoren und 4 kleinere Transportfahrzeuge (Multicar, Pritsche und kleiner Lkw) mit jeweils entsprechender Anbautechnik zur Verfügung. Darüber hinaus wird für die einzelnen Einrichtungen zahlreiche kleinere Räumtechnik vorgehalten. Zusätzlich beauftragen wir je nach Situation private Drittfirmen mit der Erledigung von Teilaufgaben in den Ortsteilen. Zwischen den einzelnen Ortsteilen bestehen sehr unterschiedliche Bedingungen. Währenddessen in Carlsfeld und Weitersglashütte bereits die ganze Zeit ordentlich Schnee gelegen hat, versanken die unterhalb von 600 m liegenden Ortsteile erst mit den starken Schneefällen ab 8. Januar im Schneechaos. Der Kampf gegen die Schneemassen ist letztendlich zu einem Kampf gegeneinander geworden, weil die gesellschaftliche Abhängigkeit vom Auto so groß ist, dass kaum noch ein Haushalt ohne ein Auto funktioniert. Somit haben wir zum einen für freie Verkehrswege und die Aufrechterhaltung von Rettungswegen zu sorgen und zum anderen wird die Bereitstellung von Parkplätzen vom gemeindlichen Winterdienst erwartet. Die Situation ist so vielfältig und detailbezogen, dass nahezu fast jedes Grundstück seine eigenen Befindlichkeiten in Bezug auf die Durchführung des Winterdienstes hat. Es ist unvermeidlich, dass die Gemeinde in akuten Schneefallsituationen Prioritäten setzen muss. Dazu gehören in allererster Linie die Industrieunternehmen, die medizinischen Versorgungseinrichtungen, die Feuerwehren und alle anderen öffentlichen Einrichtungen. In der Regel gelingt es auch sehr gut, diese Balance zur Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens im Ort zu schaffen. Problematisch wird es dann, wenn die Technik ausfällt. Im Kernort Eibenstock sind gerade in der akuten Schneelage der große Unimog ausgefallen und verschiedene Anbautechnik defekt gegangen. Als dann noch zum Wochenende der zweite Unimog ausgefallen ist, war natürlich die Situation sehr brenzlig. Neben der intensiven Materialschlacht findet natürlich durch die Ausübung des Winterdienstes sowohl durch die stadteigenen Fahrzeuge als auch durch die privat beauftragten Räumunternehmen ein extremer Verschleiß der Straßeninfrastruktur statt. Die Schäden an Technik und Straßen machen diesen Winter bereits jetzt zum teuersten in den letzten 20 Jahren. Auch hat sich die Situation im Umgang mit dem öffentlichen und dem privaten Schnee verschärft. Entgegen unserer immer wieder vorgebrachten Hinweise, dass es nicht erlaubt ist, privaten Schnee auf öffentliche Straßen zu bringen, werden in immer größeren Ausmaßen private Grundstücke beräumt und der Schnee auf die Straßen gebracht. Der Schuldige ist am Ende trotzdem der städtische Winterdienst, weil er nicht mehr weiß, wo der Schnee noch verbracht werden kann. Die Besonderheit in diesem Jahr besteht darin, dass es sich überwiegend um sehr schweren und nassen Schnee gehandelt hat, weil die Wetterlage stets um den Gefrierpunkt pendelte. Der Ton wird rauer und das Verständnis für die Extremsituation ist nicht mehr gegeben. Es ist auch aus menschlicher Sicht nicht möglich, 24 Stunden rund um die Uhr über 7 Tage die Woche hinweg das gesamte Personal der Stadtverwaltung einzusetzen. Die Mitarbeiter der Stadtverwaltung haben bis an ihre Leistungsgrenzen gearbeitet. Dafür werden sie von nicht wenigen beschimpft und provoziert. In zwei Fällen war es sogar mit einer Körperverletzung verbunden. Um die Situation nun zu entschärfen ist geplant, in Bereichen, wo der Schnee nicht verbracht werden kann, diesen wegzufahren. Parallel dazu müssen wir darüber nachdenken, die Straßenreinigungssatzung noch einmal dahin gehend zu ändern, Fußsteige nicht unmittelbar dem Räumzwang auszusetzen. In extremen Schneelagen, wo kein Platz mehr für die Straße da ist, muss man darüber nachdenken, wenn zwei Fußwege vorhanden sind, einen als Schneeablagerungsfläche zu benutzen. Im Ortsteil Carlsfeld beispielsweise gibt es bereits seit Jahren diese Praxis und sie hat sich bewährt. Auch wird aus Sicht der Stadtverwaltung darum gebeten, dass sich auch die Fahrzeugbesitzer kooperativ verhalten. Die Durchführung des Winterdienstes beispielsweise auf Parkplätzen, wo verstreut einzelne Fahrzeuge stehen, ist nicht möglich. Gleiches gilt für Parkbuchten und dergleichen. Mir ist wichtig, die Botschaft herüberzubringen, dass Bürgerschaft, Unternehmen und auch die Stadtverwaltung Partner sein sollen, gerade in extremen Wintersituationen. Nur dann kann auch der bestmöglichste Zustand erreicht werden. Dass Gemeinden, wie vielleicht Aue oder Schneeberg, in der Wahrnehmung der Menschen immer besser sind wie wir, werden wir nicht verhindern können. Dort existieren ganz andere Schneehöhen und Aufgaben. Auch müssen wir bei allem Anspruch auf einen sehr guten Winterdienst immer bedenken, dass es hier auch um sehr sehr viel Geld geht, das wir auch nicht ohne Weiteres zur Verfügung haben. Den Vorwurf, beim Winterdienst einsparen zu wollen, kann ich nicht nachvollziehen. Pro Kopf haben wir gemeinsam mit Johanngeorgenstadt die mit Abstand höchsten Kosten pro Kopf der Bevölkerung für die Winterdienstdurchführung im Landkreis. Wir gehören aber eher zu den leistungsschwachen Gemeinden des Landkreises. Insofern reizen wir jetzt schon die Spielräume, die wir haben, an der Obergrenze aus. Wir werden uns deshalb mit der vorhandenen Technik und dem zur Verfügung stehenden Personal weiterhin intensiv bemühen, allen Belangen eines guten Winterdienstes gerecht zu werden.
 
Uwe Staab (Bürgermeister)