Auch die Kommune wird ab 2023 umsatzsteuerpflichtig
In den vergangenen Wochen und Monaten wurde vor allem unter den Hauseigentümern das Problem der anstehenden Grundsteuererklärungen sehr intensiv diskutiert. Zum einen ist die konsequente Erfassung der Daten über das Elster-Portal der Finanzverwaltung für viele ein Novum, in das sie sich erst einmal hineinarbeiten mussten. Leider können auch wir als Verwaltung die vielen Fragen aus der Bürgerschaft nicht bis ins letzte Detail beantworten, da wir selbst in dieser Phase keine Verfahrensbeteiligten sind. Im Gegenteil, auch die Stadt ist mit über 1.500 Flurstücken selbst in der Pflicht, ihre Grundsteuererklärungen abgeben zu müssen. Der Abgabetermin 31. Oktober 2022 ist sehr sportlich, da es bei manchen Grundstücken nicht so einfach ist, die vorgegebenen Formulare im „ELSTER“ korrekt auszufüllen. Viele stöhnen wie auch wir, wenn man eine Formularseite abschließen will und ständig Fehlermeldungen auf dem Bildschirm erscheinen. Diese Aufgabe muss, wie bei Ihnen auch, neben dem täglichen Geschäft erledigt werden, was in einer kleinen Verwaltung im ländlichen Raum natürlich besonders herausfordernd ist.
Was viele aber bei der ganzen Grundsteuerdebatte noch nicht wissen ist, dass für die Kommunen zum 1. Januar 2023 eine grundsätzliche Änderung in Bezug auf die Umsatzsteuerpflicht eintreten wird. Jeder, der im Sinne des Umsatzsteuerrechtes als Unternehmer gilt, ist umsatzsteuerpflichtig. Die Regelung zur Unternehmereigenschaft von juristischen Personen des öffentlichen Rechts war nicht mit EU-Recht vereinbar und § 2 Absatz 3 Umsatzsteuergesetz ist mit einer Übergangszeit weggefallen. Hier war die Unternehmereigenschaft von Kommunen lediglich auf die Erzielung von Umsätzen im Rahmen der Betriebe gewerblicher Art (BgA) beschränkt und an das Körperschaftssteuergesetz gekoppelt. Nun ist jeder Leistungsaustausch (Umsatz) ab 1. Januar 2023 grundsätzlich steuerpflichtig. Als Ausnahme davon wurde der § 2 b des Umsatzsteuergesetzes zur Unternehmereigenschaft von juristischen Personen des öffentlichen Rechts neu ins Umsatzsteuerrecht aufgenommen. Damit werden insbesondere hoheitliche Tätigkeiten weiterhin nicht mit Umsatzsteuer belastet. Hoheitlich wird eine Kommune immer dann tätig, wenn sie eine durch Gesetz zugewiesene Aufgabe erledigt, die nur ihr obliegt. Dazu gehört u. a. das Ausstellen von Personalausweisen, von Urkunden oder auch der Erlass von Bescheiden auf der Basis von Gesetzen und Satzungen. Im Umkehrschluss heißt dies, dass wir alle Aufgaben, die nicht hoheitlich erbracht werden, grundsätzlich auf eine Umsatzsteuerpflicht prüfen müssen. Wir stehen nun vor der Herausforderung, jede Leistung zu analysieren. Wenn die Umsatzsteuerpflicht erkannt ist, muss sie von der Kommune, wie von jedem anderen Unternehmer auch, ermittelt werden bzw. auf diesen vorhandenen Gebührensatz hinzugerechnet werden. Beispiele für solche Leistungen sind die Parkgebühren, die kostenpflichtigen Bauhofleistungen für Dritte (z. B. Winterdienst) oder auch einfache Dinge, wie der Verkauf von Büchern. In einzelnen Fällen wird es dazu kommen, dass kommunale Leistungen einerseits in umsatzsteuerfreie und umsatzsteuerpflichtige Leistungen gesplittet werden müssen. Das Standesamt ist hierfür ein gutes Beispiel. Die Kosten für die Eheurkunde und die Eheschließung selbst sind wegen ihrer hoheitlichen Aufgabenerfüllung umsatzsteuerfrei, während der Verkauf des Familienstammbuches der Umsatzsteuerpflicht unterliegt. Allein dieses Beispiel zeigt, wie kompliziert es ab dem 1. Januar 2023 für uns als Kommune werden wird. Deshalb steht im Moment auch die Überarbeitung der relevanten Kostensatzungen an, da in den Gebühren nun die Umsatzsteuer enthalten sein muss und ans Finanzamt abzuführen ist. Auch hier wartet also jede Menge Arbeit auf die Verwaltung. Kleine Gemeinden sind wiederum besonders betroffen, weil sie gar nicht über die nötige Personalkapazität verfügen, um diese Aufgabe generalstabsmäßig umzusetzen. Es entsteht unstrittig ein Mehraufwand, der in einer monatlichen Umsatzsteuer-Voranmeldung und Jahreserklärung mündet, die Softwarekosten erhöht und beim Finanzamt zu einer Prüfungsrelevanz führt. Ab 2023 jedenfalls wird in vielen Belegen der Stadt nun die Umsatzsteuer ausgewiesen werden.
Uwe Staab (Bürgermeister)





