Wärme- und Energieversorgung bereitet Sorgen
Es vergeht keine Nachrichtensendung mehr, in der nicht das Thema der russischen Gaslieferungen angesprochen wird. In der Tat bereitet dieses Problem große Sorgen, weil die Energieversorgung unseres gesamten Landes über Jahrzehnte hinweg stabil über ein gut ausgebautes Leitungsnetz aus den Quellgebieten Europas und Russlands erfolgt ist. Es funktionierte alles bestens. Ich erinnere mich, dass wir bereits vor mehr als 10 Jahren schon einmal so eine Situation hatten, in der Gas- und Ölpreise enorm angestiegen waren. Zu dieser Zeit gründeten wir die Energie Eibenstock GmbH & Co. KG, um die Wärmeversorgung der öffentlichen Gebäude unserer Stadt auf den hier nachwachsenden Rohstoff Holz umzustellen. Leider wurden uns damals die bereits zugesagten Fördermittel am Ende nicht beschieden bzw. ausgereicht. Dies führte von Anfang an zu großen wirtschaftlichen Problemen in dieser Gesellschaft. Dennoch gelang es, in der Stadt Eibenstock ein Nahwärmnetz für die Wärmeversorgung zu schaffen, in dem fast ausschließlich nur Wärme aus Restholzhackschnitzeln erzeugt wird. Die Situation verschlechterte sich allerdings sehr schnell wieder, da bereits zwei Jahre später Gas und Öl auf das ursprüngliche Preisniveau zurückfielen. Im Gegenteil, es gab Jahre, wo die Preise sogar noch darunterfielen. Da hatten wir natürlich keine Chance, wirtschaftlich zu punkten. Bei Verbrauchern, aber auch bei Großabnehmern war das Interesse gering, sich an unser Wärmenetz anzuschließen bzw. weitere Wärmenetze zu bauen. Man hatte halt schlechte Argumente, wenn man für eine nachhaltige erneuerbare Energieversorgung warb, die wesentlich teurer war, als die schöne pflegeleichte Wärme aus Erdgas. Nun scheint sich aber das Blatt gedreht zu haben. Auch wenn die Wärme aus Holz nach wie vor nicht die wirtschaftlichste Alternative ist, so bietet sie jedoch die Chance, nachhaltig wärmeversorgungstechnisch auf eigene Füße zu gelangen. Diesem Ziel sollten wir deshalb jetzt wieder prioritäre Aufmerksamkeit schenken. Es ist auf keinen Fall einfach, jetzt schnelle Lösungen auf den Weg zu bringen. Dennoch sollten wir diese zweite Chance, die wir nun bekommen, nicht ungenutzt verstreichen lassen. Wir müssen uns alle darüber im Klaren sein, dass der Ausbau des Nahwärmenetzes im Bereich rund um die Oberschule Eibenstock ein schwieriger Prozess bleiben wird. Wenn es uns aber gelingt, dort eine leistungsfähige und vor allem redundant arbeitende Wärmeversorgungsanlage zu errichten, werden wir langfristig eine sichere Alternative bekommen können. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob nicht weitere Netze (z. B. in der Funckstraße) errichtet werden können.
Nicht verschweigen möchte ich auch, dass ein möglicher Erdgaslieferstopp bzw. die weiteren Alarmstufen gravierende Auswirkungen auch auf unseren Ort haben werden. Die öffentlichen Bäder und Saunaanlagen stehen auf der Liste des Lieferstopps der Bundesregierung ganz oben. Das heißt, die ersten, die kein Gas mehr bekommen, werden die Bäder sein. Unweigerlich müssten dann die Badegärten Eibenstock geschlossen werden. Mit der Schließung der Badegärten werden natürlich auch die gesamten anderen Bereiche der Tourismuswirtschaft in unserem Ort empfindlich getroffen. Insofern sollten wir generell darüber nachdenken, endlich die „Zeitenwende“ in der Wärmeversorgung unseres Ortes in Angriff zu nehmen. Auch nicht verschweigen darf man das System der Genehmigungspraxis für die regenerative Energieerzeugung. Ich denke dabei sowohl an die Wilzschmühle in Carlsfeld als auch die Holzkohlefabrik am ehemaligen Holzausformungsplatz an der B 283. Mit den Genehmigungsverfahren nach Bundesimmissionsschutzgesetz so weitermachen, werden wir es nur sehr schwer schaffen, regenerative Energien zu etablieren. Die jeweiligen Investoren sehen sich einer sehr rigide Genehmigungspraxis gegenübergestellt. Manchmal habe ich den Eindruck, dass nicht das unbedingte Errichten dieser Anlagen im Vordergrund steht, sondern die unbedingte bis zum letzten Buchstaben strengst möglichste Auslegung der Gesetzlichkeiten. Die Nachweispflichten, die man Investoren abverlangt, sind extrem. Ein weiteres wichtiges Thema stellt darüber hinaus auch die Stromerzeugung aus der Wasserkraft dar. Gerade unsere Altvorderen haben im Erzgebirge in den vergangenen Jahrhunderten bemerkenswerte Wasserkraftanlagen geschaffen. Diese zu reaktivieren, kann auch eine Möglichkeit sein, mehr Eigenstrom in der Region zu erzeugen. Auch hier wird man die Genehmigungsverfahren und auch Gesetze ändern müssen, um diese sinnvollen Anlagen nach und nach wieder zu ertüchtigen. Deshalb muss nicht nur das Einstellen der Gaslieferungen beklagt werden, sondern in allererster Linie auch die Gesetzeslage bei der Errichtung der erneuerbaren Energien. Eigentlich bräuchten wir hier keine Windräder, wenn wir beispielsweise die Wasserkraft mit all ihren Möglichkeiten nutzen, die unsere Gebirgstopografie bietet. Auf jeden Fall steht uns eine gewaltige, aber ebenso spannende Aufgabe bevor.
Uwe Staab (Bürgermeister)