AB 12/2022 - Vakante Immobilien werden zunehmend ein Problem für unsere Stadt

Vakante Immobilien werden zunehmend ein Problem für unsere Stadt

Es ist ja bereits umfänglich durch die Medien gegangen und nunmehr allgemein bekannt, dass das „Wolfsgrüner Schlößchen“ von einem speziellen Teil der Reichsbürgerszene übernommen wurde. Der selbst ernannte König von Deutschland, Peter Fitzek, hat über eine ihm nahestehende Person das „Schlößchen“ zu einem Preis von 2,3 Mio. EUR erworben. Wir wurden vielfach mit der Erwartung konfrontiert, dass unsere Stadt eine solche Übertragung verhindern muss. Leider erhielten wir von diesem Vorgang erst Kenntnis, als der Kaufvertrag bereits abgeschlossen war. Somit bleibt einer Stadt nur noch die Möglichkeit, über die Ausübung von Vorkaufsrechten in das Immobiliengeschäft einzugreifen. In diesem Fall konnte die Stadt jedoch kein Vorkaufsrecht ausüben. Entgegen der landläufigen Meinung, eine Stadt hätte immer ein Vorkaufsrecht, besteht ein solches nur unter ganz bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen. Dies kann z. B. ein bestehender Bebauungsplan, eine bestehende Sanierungssatzung oder auch ein grundbuchlich gesichertes Vorkaufsrecht sein. Um dies feststellen zu können, fragt jeder Notar immer grundsätzlich die Gemeinde an, dass sie das Vorhandensein eines Vorkaufsrechtes prüfen möge. Deshalb erhält auch jeder Bürger, der eine Immobilie in einer Gemeinde kauft, immer von der Stadt den sogenannten Vorkaufsrechtsverzicht. Ein Vorkaufsrecht für alle Immobilien unseres Gemeindeterritoriums zu begründen, ist jedoch nahezu unmöglich. Im speziellen Fall des „Wolfsgrüner Schlößchens“ bestand zum einen ein solches gesetzliches Vorkaufsrecht durch die Stadt nicht. Zum anderen wäre das Vorkaufsrecht nur zu den Konditionen auszuüben, wie sie im Kaufvertrag vorgegeben sind. In diesem Falle wären es also 2,3 Mio. EUR gewesen. Diese hätten wir natürlich als Stadt nicht aufbringen können. Alle unsere Bemühungen, eine solche Summe aufzubringen bzw. ein Vorkaufsrecht zu begründen, waren erfolglos. Insofern kann im Moment nichts gegen die Übernahme des „Wolfsgrüner Schlößchens“ unternommen werden. Die Gefahr, dass Immobilien durch die Reichsbürgerszene, Aussteiger oder auch durch politisch radikale Organisationen übernommen werden, besteht deshalb immer. Es liegt nun an uns als Bürgerschaft bzw. als Gemeinwesen, wie wir damit umgehen. Jeder Einzelne ist gefragt, wie er sich zu diesbezüglichen Ideologien positioniert, wie er mit den entsprechenden Personen umgeht und vor allem, ob er sich finanziell an eventuellen Aktionen beteiligt. Die Warnungen vor den Machenschaften bestimmter Organisationen (und dazu gehört auch das Königreich Deutschland) sind überall in den Medien präsent. Deshalb kann man nur empfehlen, auch im Privaten sehr wachsam zu sein. 

Der Immobilienverkauf treibt zurzeit aufgrund der enorm gestiegenen Preise in unseren Ortschaften ziemliche Blüten. Es ist leider so, dass bisher nicht genutzte Gebäude entgegen der von der Kommune gewünschten Entwicklung immer wieder weiter veräußert werden. Sehr häufig kommt es vor, dass diese Immobilien öffentlich versteigert werden. Dabei werden Gebäude ungesehen von Interessenten ersteigert, die dann nichts unternehmen bzw. sie nicht sanieren. Beispiele aus den letzten Jahren hierfür sind die Objekte Hugo-Zschau-Straße 22 und 24, Schulstraße 24 u. a. Auch bemüht sich die Stadt, scheinbar herrenlose Immobilien, wie z. B. die Industriebrache in Blauenthal (Blauenthaler Hauptstraße 13), einer Lösung zuzuführen. Auch dies geht meistens nur auf dem Wege einer Zwangsversteigerung. Aktuell werden auch Gebäude, wie das ehemalige Amerikanische Konsulat und auch das Schulgäßchen, zur Versteigerung angeboten. Die Gefahr, dass solche Objekte wiederum ungesehen erworben werden, ist aufgrund der aktuellen Immobilienblase sehr groß. Auch hier steht wieder die Frage der Ausübung von Vorkaufsrechten. In einigen Fällen hätte die Stadt sogar ein Vorkaufsrecht. Es bleibt aber immer wieder die Frage, ob man an einer solchen Auktion aktiv wird. Aber eine Stadt kann nicht alle vakanten Immobilien erwerben. Mit dem Kauf allein ist es dann leider auch nicht getan. Meistens werden riesige Summen für die notwendigen Investitionen erforderlich. Insofern muss der Stadtrat in jedem Einzelfall entscheiden, wie man mit jedem einzelnen Objekt umgeht. Fakt ist, dass unser Stadtbild unter den Spekulationen bezüglich der leer stehenden Objekte leidet. Viele ersteigern Gebäude und wissen gar nicht, dass sie eigentlich ohne Sanierung wertlos sind. So wird nicht selten das Objekt nur wenige Wochen später wieder zum Verkauf (und meist zu einem noch höheren Preis) angeboten. Mit jedem Weiterverkauf wird deshalb die Chance geringer, dass ein wirklich seriöser Investor auftritt, der dann auch tatsächlich die Immobilien im Sinne der Stadt saniert. Die Eindämmung dieser ungezügelten Immobilienspekulation ist für kleine Gemeinden nahezu unmöglich. Die Stadt wird in den nächsten Jahren nicht wenig Geld für solche Objekte investieren müssen, um sie erst einmal in ihr Eigentum zu überführen und dann zu entscheiden, welches Konzept man mit wem damit umsetzt. Dies stellt eine Entwicklungsaufgabe mit höchster Priorität und oftmals auch ungewissem Ausgang dar. Wenn wir aber im Stadtbild weiter vorankommen wollen, müssen wir uns mit großer Ernsthaftigkeit dieser Aufgabe stellen, um die letzten „maroden Gebäude“ unserer Stadt zu beseitigen.
 

Uwe Staab (Bürgermeister)