AB 07/2018 - Arbeitskräftemangel bedroht Tourismuswirtschaft

Arbeitskräftemangel bedroht die Tourismuswirtschaft

Wer hätte das gedacht? Noch vor 10 Jahren war das Thema „Schaffung von Arbeitsplätzen und wirtschaftliche Entwicklung des ländlichen Raums das wichtigste Ziel der regionalen Akteure aus Politik und Wirtschaft. Heute sprechen wir von Arbeitskräftemangel. Was einerseits eine sehr positive Situation darstellt, ist andererseits bereits wieder ein Problem, was unserer gesamten Entwicklung entgegenwirkt. Die Industrieunternehmen unseres Ortes haben die Grundvoraussetzung dafür geschaffen, dass sich der gesamte Ort finanziell stabil und positiv entwickeln konnte. Der Tourismus wurde quasi von Null auf ein Niveau entwickelt, wo mittlerweile die gesamte Region sehr respektvoll auf uns schaut. Dank dem Engagement der großen Unternehmen, dank der vielen Dienstleistungsunternehmen und dank der Bürgerschaft haben wir uns einen sehr guten Ruf über Sachsen hinaus erarbeitet. Dieser Ruf ist nun ernsthaft in Gefahr. Auf dramatische Weise droht unsere ganze touristische Entwicklung in sich zusammenzufallen. Abgesehen davon, dass viele Millionen Investitionen dann für umsonst gewesen wären, würde eine negative touristische Entwicklung die demografische Entwicklung auf extreme Weise verschlechtern. Konkret spielt dabei die Gastronomie und Hotellerie eine entscheidende Rolle. In den vergangenen Jahren sind einige Gasthöfe geschlossen und das Angebot der Region deutlich ausgedünnt worden. Beispiele hierfür sind der „Meiler“ in Sosa, die Pension „Saigon“ in Eibenstock, der Gasthof „Zum Hirschkopf“ in Carlsfeld, in früheren Jahren schlossen bereits die Pension „Oberwildenthal“, der „Sächsische Hof“ in Wolfsgrün und einige kleinere Gaststätten. Der „Berggasthof Auersberg“ hat in den vergangenen Jahren durch die schlechte Betreibung auch nicht gerade zum positiven Image der örtlichen Gastronomie beigetragen. In der Gegenwart haben mit dem „Waldhaus“ in Weitersglashütte und der Pension „Zimmersacher“ in Blauenthal zwei weitere Einrichtungen geschlossen, die auch zu den Ausflugslokalen zu zählen sind. Weitere Einrichtungen kündigten Probleme bei der Unternehmensnachfolge an. Andere wiederum haben angezeigt, dass sie, insbesondere im Sommer, ihre Öffnungszeiten massiv einschränken werden. Dagegen gibt es nur mit dem „Berggasthof Auersberg“ und seiner hoffentlich nunmehr positiven konzeptionellen Entwicklung nur ein kleines positives Signal der Hoffnung auf eine erfolgreiche Wiedereröffnung. In den Nachbarorten war und ist die Entwicklung nicht viel besser. Wenn das Übernachtungs- und Gastronomieangebot in der Region weiter ausgedünnt wird, geraten wir recht schnell unter einer gewissen kritischen Masse, die eine touristische Region benötigt, um ein vielfältiges gastronomisches Angebot bieten zu können. Einerseits haben wir besonders bei der Infrastrukturentwicklung sehr viel erreicht. Andererseits hat der Aufwuchs von Übernachtungskapazitäten, besonders aber die Entwicklung von kleineren und mittleren Familienbetrieben, bis auf einzelne Ausnahmen kaum stattgefunden. In einigen Unternehmen ist die Unternehmensnachfolge auch noch nicht geklärt, sodass auch hier das Schlimmste noch nicht ausgeschlossen ist. Das viele Lob, was zu unseren landschaftlichen Schönheiten, zu unserer Infrastruktur und auch zu unseren Gästebetreuungsstrukturen ausgesprochen wird, wird durch immer lauter werdende Kritik am gastronomischen Angebot getrübt. Es muss deshalb zu einer Aufgabe aller Beteiligten werden, dass wir diesen negativen Trend umkehren. Ohne eine qualitativ hochwertige Gastronomieinfrastruktur und wachsenden Übernachtungsangeboten werden wir langfristig im touristischen Wettbewerb nicht bestehen. Der Trend, dass die Menschen vorrangig wieder in Deutschland Urlaub machen, kann sich bei einer Stabilisierung der internationalen Lage auch schnell wieder umkehren. Insofern benötigen wir Strategien, um möglichst schnell das Arbeitskräfteproblem lösen zu können und andererseits auch weitere Einrichtungen an den Markt zu bringen, um die Grundauslastung unserer Infrastruktur wirtschaftlich abzusichern. Als Stadt können wir hier zum großen Teil nur moderierend wirken. Als eine Art Netzwerkzentrale für die Lösung dieser Problemstellungen stehen wir gerne zur Verfügung. Gemeinsam müssen wir es schaffen, Maßnahmen zu entwickeln, um diesem Trend entgegenzuwirken. Parallel ist aber auch die gesamte Bürgerschaft gefragt, mitzuhelfen, die Aufgaben zu lösen. Es ist klar, das die Arbeitszeit in der Gastronomie generell unattraktiv ist. Jeder Einzelne kann direkt mithelfen und indirekt als Botschafter im Bekannten- und Verwandtenkreis dafür werben, nach Eibenstock zu kommen und hier die entstandenen Lücken zu schließen. Es steht fest, dass jedes einzelne Unternehmen für sich diese Aufgabe nicht lösen kann, aber in einer Gemeinschaft kann man gezielte Strategien entwickeln. Unser Vorteil wäre, dass wir die Ersten wären, die vielleicht mit einem funktionierenden örtlichen Netzwerk anderen Regionen, die die gleichen Probleme haben, ein Stück voraus sind.

Uwe Staab
Bürgermeister