AB 26/2020 - Zu Weihnachten und zum Jahreswechsel

Zu Weihnachten und zum Jahreswechsel

Weihnachten fühlt sich in diesem Jahr ganz anders an als in den vorangegangenen Jahren. Das hinter uns liegende Jahr ist in keiner Weise mit den vorangegangenen Jahren vergleichbar. Das Virus Sars-Cov-2 hat uns und unsere Gesellschaft in Atem gehalten. Ohne auf die vielen verschiedenen Aspekte zu diesem Thema einzeln eingehen zu wollen, möchte ich dennoch im Rahmen dieses Weihnachtsgrußwortes einen Gedanken loswerden, der mich die gesamten Monate immer wieder beschäftigt hat. Das Virus hat uns vor eine sehr wichtige Frage gestellt: Wie viel Individualismus und Egoismus verträgt eine Gesellschaft, um gerade noch funktionieren zu können? Bei der Findung einer Antwort kommt man nicht umhin, über den moralischen Zustand unserer Gesellschaft nachzudenken. Dazu sei eine kleine Begebenheit erzählt. Ein guter Bekannter hat mir neulich von einer geschäftlichen Begegnung mit einer japanischen Reisegruppe, mit der er im vergangenen Jahr zu tun hatte, berichtet. In dieser Gruppe befand sich ein Teilnehmer, der permanent einen Mundschutz trug. Nur zum Essen nahm er diesen ab. Am Ende der Besuchstage wurde er gefragt, warum er die ganze Zeit den Mundschutz trug und die anderen in der Gruppe nicht. Etwas verwundert antwortete er dann, er sei erkältet. Und wenn man erkältet ist, muss man dafür sorgen, dass man andere nicht ansteckt. Deshalb trägt er den Mundschutz, solange er erkrankt ist. Dieses Verhalten ist in Japan und übrigens auch in anderen asiatischen Ländern sehr weit verbreitet. Dahinter steht ein dem unsrigen völlig entgegengesetzter Verhaltenscodex. Es gehört zum Respekt und zum wertschätzenden Umgang gegenüber anderen Menschen ganz selbstverständlich dazu, dass ich ihn vor meiner Krankheit schütze. Es liegt an mir, wenn ein anderer durch mich angesteckt wird. Es liegt an mir, wenn ein anderer durch mich zu Schaden kommt. Es hat ihm niemand gesagt, geschweige denn befohlen, dies zu tun. Was für eine Haltung! Man kann nur staunen, mit wie viel Selbstverständlichkeit anderswo ein völlig anderer von viel mehr Wertschätzung geprägter Umgang untereinander besteht. Wenn wir ein solches Grundprinzip auch unter uns lebendig praktizieren würden, wäre manches auch im Zuge der Corona-Krise anders gelaufen. Staatliche Regeln dienen ja eigentlich nur dazu, um das zu erreichen, was wir durch unser eigenes Verhalten nicht bereit sind, von selbst zu tun. Insofern glaube ich daran, dass die Strategie in unserer Gesellschaft im Umgang mit Covid-19 oder zukünftig auch anderen Krankheiten oder schädigenden Ereignissen darauf ausgerichtet sein muss, dem Einzelnen seine individuelle Verantwortung bewusst zu machen. 

Das diesjährige Fest und auch der Jahreswechsel werden stiller werden als in den letzten Jahren. In vielen Grußbotschaften werden gerade das Für- und Miteinander unter uns Menschen betont. Diese bleiben aber leere Floskeln, wenn sich unser Verhalten nicht daran ausrichtet, dass Solidarität vor Egoismus stehen muss. Die Weihnachtsgeschichte lässt uns sehr tief in eine völlig andere Lebenssituation blicken. Das Kind in der Krippe wurde in Niedrigkeit in eine Welt hinein geboren, wo die meisten Menschen mit wirklich großen Sorgen und Problemen zurechtkommen mussten. Der Sohn Gottes wirkte ein Leben lang voller Empathie im Dienste der Schwachen. In zahlreichen Begebenheiten übte er Barmherzigkeit und forderte Solidarität ein. Wieviel ist uns Rücksicht und Verantwortung gegenüber dem Nächsten wert? Vielleicht nutzen wir dieses Weihnachten 2020 dazu, sich diese Frage durch den Kopf gehen zu lassen. 

Wenn wir auf das zurückliegende Jahr zurückschauen, dann fehlen natürlich die vielen schönen kulturellen Veranstaltungen, die wir im Laufe des Jahres immer organisiert haben. Das ist sehr schade. Es bleibt zu hoffen, dass es im nächsten Jahr wieder mehr davon gibt. Trotzdem können wir im Zuge der gemeindlichen Entwicklung auf viele gute und abgeschlossene Projekte zurückblicken. Im Straßenbau haben wir mit einigen Bauvorhaben, wie die Vodelstraße, den Platz des Friedens und die Muldenhammerstraße  in Eibenstock sowie den Schulberg in Carlsfeld, wieder einiges an Projekten bewältigen können. Wir nähern uns dem großen Ziel, das Straßennetz in Ordnung gebracht zu haben, mit einem guten Tempo. In Sosa sind die Außenanlagen der Grundschule bzw. der Turnhalle fertig gestellt worden. Das Projekt „Meiler 2“ in Verbindung mit der Erlebnisköhlerei wird das touristische Angebot unserer Gesamtgemeinde zukünftig sicher weiter bereichern. In Carlsfeld ist mit der Umsetzung des Ortsentwicklungskonzeptes begonnen worden. Das „Alte Glaswerk“ war und bleibt eine große Baustelle. Der Dorfplatz wurde ebenfalls in Angriff genommen. In Eibenstock machten die Abrisse in der Feuerwehrstraße und im Schulgässchen Platz für neue Entwicklungen. In die Infrastruktur der Schulen floss viel Geld zur Erneuerung der IT-Technik, um die modernen Unterrichtsanforderungen erfüllen zu können. Unsere Schulen haben sich schon seit langem einen guten Ruf erarbeitet. Wir können uns darüber freuen, dass das neue Baugebiet „Waldblick“ an das Netz gebracht wurde und dass sich das Gewerbegebiet mit 2 neuen Vorhaben weiter gefüllt hat. Darüber hinaus gab es viele kleine Projekte, die trotz einer schwierigen Haushaltslage realisiert wurden. Dafür wollen wir sehr dankbar sein.

Das Jahr hat aufgrund der zwei Lockdowns auch gezeigt, wie verletzlich wir als Ort insgesamt sind. Waren wir zu Jahresbeginn noch ein viel beachteter Vorzeigeort für einen immer besser gelingenden Strukturwandel, so haben die coronabedingten Schließungen die touristischen Leistungserbringer an den Rand Ihrer Existenz gebracht. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann die ersten Unternehmen den enormen Belastungen nicht mehr standhalten. Es wäre sehr bitter, wenn diese über fast 30 Jahre aufgebaute Pflanze Tourismus so schnell verdorren würde. Es bedarf in 2021 einer gemeinsamen Anstrengung in unserer Stadt, dies zu verhindern. Aus der Krise müssen wir aber auch lernen, weitere neue Visionen für Eibenstock zu entwickeln, um uns unanfälliger zu machen. Da gibt es einige Themen, die man überlegen sollte. Klimaschutz, Energieautarkie, nachhaltige Versorgung und gewerbliche Wirtschaft sind nur einige davon mit Zukunftspotential. Die Weichen hierfür müssen unverzüglich gestellt werden.

So wollen wir in diesen Tagen an jene denken, die durch diese Krise in große Not geraten sind. Wir wollen allen danken, die an vorderster Front Dienst tun, um unser Gesundheits- und Versorgungssystem aufrecht zu erhalten. Wir danken allen Unternehmen, die über die ganze Zeit hinweg weiter gearbeitet haben, um die Wirtschaftskraft auch in unserer Gemeinde zu erhalten. Es gibt so viele positive und Mut machende Beispiele für das Zusammenrücken in unserer Stadt.

Nun steht Weihnachten vor der Tür. Im Erzgebirge entzünden die Menschen seit mehr als 500 Jahren Lichter. Sie erleuchten außen die Fassaden der Häuser und schenken uns Freude sowie auch Hoffnung nach innen. Solange die Lichter im Erzgebirge brennen, so lange werden wir auch zuversichtlich bleiben und uns darauf freuen, wenn wir wieder mehr gemeinsam erleben bzw. dass wir wieder bessere Tage sehen können. Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien eine gesegnete Weihnachten sowie ein gutes und vor allem gesundes neues Jahr.

Uwe Staab
Bürgermeister